19.09.2023 | Hybridveranstaltung
DISKUSSIONSFORUM – Recht auf Reparatur
19.09.2023 | Hybridveranstaltung
DISKUSSIONSFORUM –
Recht auf Reparatur
Wie profitieren Umwelt und Verbraucher:innen konkret von einem Recht auf Reparatur? Wird es so tatsächlich einfacher – und kostengünstiger – Waren zu reparieren, statt sie zu ersetzen? Kann eine Abkehr von der bisherigen Wegwerfgesellschaft gelingen hin zu einer Gesellschaft, die Produkte stärker wertschätzt? Bereits im September letzten Jahres hatte der Sachverständigenrat für Verbraucherfragen (SVRV) beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) einen Policy Brief zum Recht auf Reparatur vorgelegt. Am 19. September 2023 standen diese herausfordernden Fragen auch im Zentrum des vom SVRV und dem Institut für Verbraucherwissenschaften gemeinsam veranstalteten hybriden Diskussionsforums zum Recht auf Reparatur, das aus der Heinrich-Heine-Universität gestreamt wurde. Auf dieser Seite stellen wir Ihnen die Dokumentation dieser Veranstaltung zur Verfügung. Diese wird fortlaufend aktualisiert.
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Wie profitieren Umwelt und Verbraucher:innen konkret von einem Recht auf Reparatur? Wird es so tatsächlich einfacher – und kostengünstiger – Waren zu reparieren, statt sie zu ersetzen? Kann eine Abkehr von der bisherigen Wegwerfgesellschaft gelingen hin zu einer Gesellschaft, die Produkte stärker wertschätzt? Bereits im September letzten Jahres hatte der Sachverständigenrat für Verbraucherfragen (SVRV) beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) einen Policy Brief zum Recht auf Reparatur vorgelegt.
Am 19. September 2023 standen diese herausfordernden Fragen auch im Zentrum des vom SVRV und dem Institut für Verbraucherwissenschaften gemeinsam veranstalteten hybriden Diskussionsforums zum Recht auf Reparatur, das aus der Heinrich-Heine-Universität gestreamt wurde. Die Veranstaltung wurde vom Dekan der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Univ.-Prof. Dr. Stefan Süß, eröffnet, der die gesellschaftliche und ökologische Relevanz des Rechts auf Reparatur betonte.
Anschließend begrüßte die Staatssekretärin im BMUV, Dr. Christiane Rohleder, die Zuschauer:innen vor Ort und vor den Bildschirmen mit einer klaren Botschaft: „Wir können es uns nicht mehr leisten, alles immer gleich wegzuwerfen, wenn es kaputt geht. Daher haben wir uns auch im Koalitionsvertrag klar für ein Recht auf Reparatur ausgesprochen“. Weiter führte die Staatssekretärin aus: „Die aktuelle Reparaturquote ist viel zu niedrig. Der Grund ist, dass Verbraucher:innen oft gar keine Möglichkeit haben, ihre Geräte überhaupt reparieren zu lassen. Das stellt nicht nur für die Verbraucher:innen eine finanzielle Belastung dar, sondern ist auch ökologisch ein Problem. Die Stärkung der Reparatur – ein echtes Recht auf Reparatur – ist insofern ein wichtiges Mittel zur Ressourcenschonung und gegen wachsenden Müll und es verbindet Verbraucherschutz mit Umweltschutz. Gleichzeitig werden wir mit mehr Reparaturen auch unabhängiger von Rohstoffimporten“. Ein wichtiger Schritt hin zu mehr Ressourcenschonung ist der Bundesregierung auf EU-Ebene gelungen: „Die Bundesregierung hat sich auf EU-Ebene erfolgreich dafür eingesetzt, dass Smartphones und Tablets ab 2025 besser reparierbar werden“. Nach den neuen Ökodesign-Anforderungen müssen demnach Hersteller u. a. Software-Updates für fünf Jahre zur Verfügung stellen. Ein Reparierbarkeits-Index für Tablets und Smartphones soll ab 2025 eingeführt werden, den die Verbraucher:innen in ihre Kaufentscheidung einbeziehen können. In der Begrüßungsrede der Staatsekretärin wurde bereits deutlich, dass das Thema Recht auf Reparatur komplex ist: „Beim Recht auf Reparatur geht es nicht um die eine Regelung, sondern es braucht ein ganzes Bündel an Instrumenten auf EU-Ebene und auf nationaler Ebene, die insgesamt dazu führen, dass die Verbraucher:innen nicht nur das Recht haben, sondern auch die ganz konkrete Möglichkeit, Dinge zu reparieren anstatt sie wegzuwerfen“. Prof. Dr. Hans-Wolfgang Micklitz, Moderator der Vorträge und Professor für Wirtschaftsrecht am Robert Schuman Centre für Advanced Studies des Europäischen Hochschulinstituts in Florenz, verwies ebenfalls auf diese Komplexität eines Rechts auf Reparatur und verortete die Veranstaltung damit zusätzlich in ihrer Relevanz: „Das ist ein scheinbar klitzekleines Thema. Das hört sich so fürchterlich harmlos an, hat aber eine gewaltige Hebelwirkung“.
Nach diesen einführenden Beiträgen folgte Ada Preziosi, politische Referentin bei der Europäischen Kommission, mit ihrer Keynote, in der sie das europäische Vorhaben zum Recht auf Reparatur vorstellte. Sie erklärte, dass Reparaturen mit dem Vorschlag der EU-Kommission sowohl innerhalb als auch über die gesetzliche Garantie hinaus gefördert werden sollen. Letzteres soll durch drei wesentliche Maßnahmen erzielt werden. Verbraucher:innen sollen das Recht haben, das europäische Reparaturinformationsformular mit Angaben zum Preis und zu den wichtigsten Reparaturbedingungen von den Betrieben zu erhalten. Zudem müssten Hersteller, die reparierbare Produkte auf den Markt bringen, auch dafür Sorge tragen, dass diese repariert werden könnten (Reparatur- und Informationspflicht). Zudem sollen über nationale Online-Reparaturplattformen Reparaturbetriebe leichter zu finden sein.
Prof. Dr. Christa Liedtke, Leiterin der Abteilung Nachhaltiges Produzieren und Konsumieren am Wuppertal Institut und Mitglied des SVRV, hielt anschließend einen Impulsvortrag zum Thema "Ressourcenschonung im Lichte der Ökodesign-Verordnung". Insbesondere verwies sie darauf, dass regulative und gestalterische Experimentierräume gekoppelt werden sollten. Es müsste eine Art Reallabor- und LivingLab-Landschaft aufgesetzt werden, um noch offene Umsetzungsfragen, z. B. in Bezug auf die benötigte Infrastruktur, zu beantworten. Daher sollten im Vorhaben der EU-Kommission Öffnungsklauseln für „regulatory sand boxes “ vorgesehen werden.
Nach einer kurzen Mittagspause trafen Praxis und Wissenschaft erneut aufeinander. Im Zentrum stand der Policy Brief „Recht auf Reparatur“ des SVRV. Hannah Maurer (Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf) stellte vor diesem Hintergrund die Ergebnisse einer Befragung vor, die für die in Deutschland lebenden Wahlberechtigten mit Online-Zugang repräsentativ sind. Demnach bestehen noch erhebliche Potenziale in Bezug auf die Sensibilisierung und Befähigung von Verbraucher:innen für das Reparieren. Auch im Hinblick auf die vorhandenen Gelegenheiten zur Reparatur gibt es offenbar noch Handlungsbedarf.
Das Zusammenspiel zwischen Warenkauf-Richtlinie und Ökodesign-Verordnung wurde von Victor Mehnert (Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn) erläutert. Dieser verdeutlichte einige der Empfehlungen des Policy Briefs „Recht auf Reparatur“ des SVRV: Neben der Verzahnung des Mangelbegriffs mit der Ökodesign-Richtlinie sollten die Verjährungsfristen produktgruppenspezifisch an den existierenden Ökodesign-Regeln orientiert werden. Damit einhergehen sollte eine Verlängerung der Beweislastumkehr. Nach einer kurzen Kaffeepause folgten die Statements ausgewählter Stakeholder. Philip Heldt, Referent für Ressourcenschutz und Wasser, Bereich Ernährung und Umwelt der Verbraucherzentrale NRW verwies auf eine Vzbv-Studie, nach der deutsche Verbraucher:innen durch eine deutlich längere Nutzungsdauer von Smartphones, Fernsehern, Notebooks und Waschmaschinen jährlich 3,67 Milliarden Euro sparen könnten. Bislang fehle es an Nutzungsmodellen, die auch reparaturfördernd wirken könnten, wenn bspw. eine Waschmaschine weiterhin dem Hersteller gehört, der ein Eigeninteresse daran hat, dass die Produkte besonders langlebig sind. Mo Chatterji, Circularity Specialist bei KEARNEY und Mitglied des Circularity e.V., vertrat die Position, dass ein „Recht auf Reparatur Innovationen nicht behindert“. Gabriele Poth, Leiterin des Zentrums für Umwelt, Energie und Klima der Handwerkskammer Düsseldorf, betonte die Rolle des Handwerks als zentraler Akteur bei individuellen Konsumgüter-Reparaturen: „Ca. 44 Prozent aller Reparaturdienstleistungen kommen vom Handwerk“.
Bei der anschließenden Podiumsdiskussion der Referent:innen waren sodann auch alle Zuschauer:innen vor Ort wie auch online eingeladen, Fragen zu stellen, Impulse zu setzen und neue Blickwinkel einzubringen. Dr. Susanne Lottermoser, Leiterin der Abteilung „Transformation – Digitalisierung, Circular Economy, Klimaanpassung“ im BMUV, ergänzte die Runde mit ihrem politischen Blickwinkel auf das Thema und hob die Relevanz der Circular Economy hervor. Moderiert wurde diese Diskussion von Prof. Dr. Christa Liedtke.
Prof. Dr. Hans-Wolfgang Micklitz resümierte die wichtigsten Erkenntnisse des Tages. Er sprach sich dafür aus, dass nationale Spielräume in dem Vorhaben der EU-Kommission ermöglicht werden sollten: „Diese Frage, ob die EU in diesem Vorschlag alle Kompetenzen an sich zieht oder ob die EU eine Öffnung formuliert – eine Experimentier-Klausel – ist ganz, ganz entscheidend“.
Prof. Dr. Peter Kenning
Dokumentation der Präsentationen
Begrüßung und Einführung
Univ.-Prof. Dr. Stefan Süß
Dekan der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Dr. Christiane Rohleder
Staatssekretärin im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz
Prof. Dr. Dr. hc. Hans-Wolfgang Micklitz
Professor für Wirtschaftsrecht am Robert Schuman Centre für Advanced Studies des Europäischen Hochschulinstituts in Florenz sowie Mitglied im Sachverständigenrat für Verbraucherfragen (bis 2022)
Keynote
The recently adopted Commission proposal to promote the repair of goods
Ada Preziosi
Politische Referentin bei der Europäischen Kommission
Zitation:
Preziosi, Ada (2023, 19. September): Sustainable consumption of goods - promoting repair and reuse. Proposal for a Directive
on common rules promoting the repair of goods [Präsentation]. Diskussionsforum – Recht auf Reparatur. Sachverständigenrat für Verbraucherfragen und Institut für Verbraucherwissenschaften, Düsseldorf, NRW, Deutschland. https://verbraucherwissenschaften.de/wp-content/uploads/2023/10/Directive-on-promoting-repair-of-goods_General-Presentation.pdf
Impulsvortrag aus dem SVRV
Ressourcenschonung im Lichte der Ökodesign-Verordnung
Prof. Dr. Christa Liedtke
Professur für Nachhaltigkeit im Design an der Bergischen Universität Wuppertal sowie Abteilungsleiterin „Nachhaltiges Produzieren und Konsumieren“ am Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie gGmbH
Zitation:
Liedtke, Christa und Christoph Tochtrop (2023, 19. September): Ressourcenschonung im Lichte der Ökodesign-
Verordnung [Präsentation]. Diskussionsforum – Recht auf Reparatur. Sachverständigenrat für Verbraucherfragen und Institut für Verbraucherwissenschaften, Düsseldorf, NRW, Deutschland. https://verbraucherwissenschaften.de/wp-content/uploads/2023/10/Ressourcenschonung-im-Lichte-der-Oekodesign-Verordnung_CT_CL.pdf
Vorstellung des Policy Briefs "Recht auf Reparatur" des SVRV
Policy Brief Recht auf Reparatur: Micklitz, H.-W., Mehnert, V., Specht-Riemenschneider, L., Liedtke, C. & Kenning, P. (2022). Recht auf Reparatur. Veröffentlichungen des Sachverständigenrats für Verbraucherfragen. Berlin: Sachverständigenrat für Verbraucherfragen.
Zur Bedeutung eines Rechts auf Reparatur – Ergebnisse einer bevölkerungsrepräsentativen Befragung
vorgestellt von Hannah Maurer
Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für BWL, insb. Marketing der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Das Zusammenspiel zwischen Warenkaufrichtlinie und Ökodesign-Verordnung
vorgestellt von Victor Mehnert
Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Recht der Datenwirtschaft, des Datenschutzes, der Digitalisierung und der Künstlichen Intelligenz der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
Zitation:
Mehnert, Victor (2023, 19. September):
Statements ausgewählter Stakeholder
Moderation
Prof. Dr. Christa Liedtke
Professur für Nachhaltigkeit im Design an der Bergischen Universität Wuppertal sowie Abteilungsleiterin „Nachhaltiges Produzieren und Konsumieren“ am Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie gGmbH
Teilnehmende
Philip Heldt
Referent für Ressourcenschutz und Wasser, Bereich Ernährung und Umwelt der Verbraucherzentrale NRW
Mo Chatterji
Circularity Specialist bei KEARNEY und Mitglied des Circularity e.V.
Gabriele Poth
Leiterin des Zentrums für Umwelt, Energie und Klima der Handwerkskammer Düsseldorf
15:30 – 16:45 Podiumsdiskussion
Moderation
Prof. Dr. Christa Liedtke
Professur für Nachhaltigkeit im Design an der Bergischen Universität Wuppertal sowie Abteilungsleiterin „Nachhaltiges Produzieren und Konsumieren“ am Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie gGmbH
Teilnehmende
Dr. Susanne Lottermoser
Leiterin der Abteilung „Transformation – Digitalisierung, Circular Economy, Klimaanpassung“ im BMUV
Philip Heldt
Referent für Ressourcenschutz und Wasser, Bereich Ernährung und Umwelt der Verbraucherzentrale NRW
Mo Chatterji
Circularity Specialist bei KEARNEY und Mitglied des Circularity e.V.
Gabriele Poth
Leiterin des Zentrums für Umwelt, Energie und Klima der Handwerkskammer Düsseldorf
16:45 – 17:00 Schlussworte und Verabschiedung
Prof. Dr. Dr. hc. Hans-Wolfgang Micklitz
Professor für Wirtschaftsrecht am Robert Schuman Centre für Advanced Studies des Europäischen Hochschulinstituts in Florenz sowie Mitglied im Sachverständigenrat für Verbraucherfragen (bis 2022)
Ansprechpartner (IfV)
Frau Hannah Maurer
- E-Mail: hannah.maurer@verbraucherwissenschaften.de
- Telefon: 0211/81 11543